Meine Reise zu Buchstaben, Wörtern, Büchern und Literatur begann schon in sehr jungen Jahren. Als
ich zwei Jahre alt war, meldete mich meine Mutter in der Bibliothek an,
wo die Bibliothekarin auf meinen Leserausweis "Arbeitsplatz: Krippe"
schrieb. Wir liehen uns ein Reimbuch über einen Vogel aus, das meine
Mutter mir unermüdlich vorlas. Als ich dann in den Kindergarten kam,
setzte sich aus den Buchstaben, die ich hier und da aufschnappte, bald
das Bild zusammen. Und dann geschah das erste Wunder: Ich las ein
ganzes, echtes Buch, ganz allein! Ich erinnere mich noch heute daran,
dass es das Märchenbuch "Der reichste Spatz der Welt" war, aus dem ich
jetzt meinen Kindern vorlese. Und bald darauf entstand auch mein erstes
eigenes Gedicht. Lesen und Schreiben wurden danach zum festen
Bestandteil meines Lebens. Ich hatte noch keine Ahnung von
Literaturtherapie, aber – wenn ich jetzt auf meine Studien zurückblicke –
habe ich sie immer für mich selbst angewendet. Oft fanden mich Bücher
und Gedichte genau in der richtigen Lebenssituation und halfen mir zu
überleben, zu staunen, zu verarbeiten, mich zu freuen und mich selbst zu
definieren. Aus den damals besonders wichtigen, notierten Auszügen
könnte ich sogar meine Lebensgeschichte zusammenstellen. Das
Schreiben ist ein echtes Entdeckungsabenteuer: Über die Freude am
Ausdruck hinaus zeigt es mir immer etwas über mich selbst, das ich bis
dahin nicht wusste.